„Erziehung? – Warum nicht?!“

 

„18 tausend Stunden gehen wir bis zu unserem 18. Lebensjahr zur Schule; 18 tausend Stunden nutzen die Kinder bis dahin auch die unterschiedlichsten Medien“, da müsse auch mal ein Blick auf die Kinderrechtskonvention erlaubt sein, befand Kabarettist Oliver Nedelmann bei seinem Vortrag „Erziehung – warum nicht?“

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Mit einer Mischung aus ernstgemeinten Erziehungsstrategien über eine „gelungene“ Kindererziehung gepaart mit einem Schuss Selbstkritik, Ironie und kabarettistischer Satirische erklärte Oliver Nedelmann die Pädagogik von früher und heute auf. „Es geht heute Abend um häusliche Erziehung – das klingt wie häusliche Pflege“ begann er seinen knapp eineinhalbstündigen Vortrag und warf sich das „Harald Mewes-Gedächtnis-Jackett“ über: „Meine Texte stammen aus der Feder und dem Mund von meinem Kollegen Harald. Ich bin aber nicht der Pädagoge und Kabarettist Mewes. Der steckt im Stau am Kamener Kreuz und ich habe nun das Kreuz und soll hier in der Humorhochburg OWL Spaß machen“, nutze der in Rödermark (Hessen) auf der Bühne tätige Nedelmann die Gelegenheit, auch sich selbst vorzustellen gleich mit einer Frage an das Publikum: „Haben Sie ihr Kind heute schon gelobt? – Da kommt dann die Antwort: Wieso? Ist doch alles in Ordnung!“

Anhand vieler Beispiele aus dem täglichen Leben hielt Nedelmann den Gästen im Café Vielfalt den Spiegel vor und zeigte auf, wie unterschiedlich die Herangehensweisen an ´Erziehung heute´ zum letzten Jahrhundert seien: „Wenn Sie unsere Eltern gefragt hätten, was ihre Erziehungsziele waren, hätten Sie zur Antwort bekommen: Wat? Worauf soll ich zielen?“ Während früher viele Kinder mit am Tisch gesessen hätten, müssten sich heute die Eltern nur ein Kind teilen. Und wenn es hieße: „Hilf doch mal mit! Ja, was soll das Kind denn noch helfen, wenn zwei Elternteile dafür da sind und schon alles selbst machen?!“ Wenn heute einem Kind ein Spielzeug kaputt gehen würde, könnten wir Eltern es nicht aushalten, das Kind trauern zu sehen und würden gleich etwas Neues kaufen – davon könne auch er sich nicht frei machen. Früher hätten die Eltern ihre Kinder vielleicht irgendwohin zum Sport gebracht – vielleicht – wären aber auf jeden Fall wieder weggefahren. Heute würde es zum guten Ton gehören, da zu bleiben, sich zu kümmern. „Trauen wir den Kindern doch mal was zu!“, plädierte Nedelmann für mehr Selbständigkeit. Und so wären auch die vier Fettnäpfchen entstanden – die typischen Pleiten, Pech und Pannen-Regeln: „1. Schimpfen. Das ist gut für die Stimmbildung und den Kreislauf! Aber wem nützt das? 2. Diskutieren: Wenn wir das Kind fragen: Willst du nicht langsam mal ins Bett gehen?“, so müssten wir auch mit der entsprechenden Antwort leben. Fettnäpfchen drei sei das schnelle nachgeben.

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Das Quengeln an der Kasse nach etwas Süßem: „Ich will ein Eis! – Nein!“ Hundert Mal wiederholt. Und dann die Antwort der Eltern: „Aber nur dieses eine mal. Nur ein kleines!“ und zu guter Letzt käme noch das „Nachmeckern“. Die Mutter schimpft, weil ihr Spross nicht aufgeräumt habe. Sie schimpfe laut vor sich her – nicht mit dem Kind, sondern: „Sie ist sauer auf sich selbst, weil sie irgendwann selbst aufräumt!“ Pädagogik brauche mehr Witz, mehr Spaß, befand Nedelmann und skizzierte dabei auch die Unterschiede zwischen den Männern als Projekttypen mit ihrer sporadischen Hingabe zum Beispiel zum Autowaschen und den Frauen als verlässliche und von Regelmäßigkeit geprägten Varianten. „Wenn wir uns früher als Kinder gelangweilt haben, dann haben wir das ausgehalten. So lange, bis uns was neues eingefallen ist.“, so der Vater eines Sohnes und gab das Beispiel zur heutigen Erziehung: „Wir halten es nicht aus, unser Kind sich langweilen zu sehen. Wir bieten ihm sofort ein Programm an.“ Sarah (19), Marie (19) und Katharina (19) machen beim Gemeindesportverband ihr freiwilliges soziales Jahr und den Bundesfreiwilligendienst: „Oh, wir konnten einen guten Blick auf uns selbst werfen. Das kommt einem ja alles bekannt vor!“, resümierten die drei: „Jetzt verstehen wir die Kinder, die wir betreuen auch etwas besser!“ Gleichstellungsbeauftragte und Organisatorin dieses Vortragabends zeigte sich zufrieden: „die Art, das Ganze von früher mit heute zu vergleichen war facettenreich und vielfältig.“ Auch, wenn die Beispiele alle bekannt seien, „er hat sie auf den Punkt gebracht.“